Ivory

Leise seufzend ließ ich mich auf meinen Stuhl sinken, schwang ein Bein über das andere und ließ meinen Blick durch die Klasse schweifen. Mir wäre es deutlich lieber gewesen, wenn ich zumindest Ariana und Brett in meiner Klasse hätte. Die beiden waren nämlich mitunter meine besten Freunde und Teil meines "Rudels", aber nein, natürlich wurden die beiden in einen anderen Kurs gesteckt und ich durfte hier alleine versauern. In diesem Kurs hatte ich nicht wirklich Freunde, die meisten hatten mehr oder weniger Respekt vor mir und meiner Clique und versuchten selten mit mir ein Gespräch aufzubauen, was vielleicht meiner schnellen Gereiztheit zu verdanken war. Gelangweilt kaute ich auf meiner Unterlippe herum und kramte nebenbei ein paar Sachen aus meiner Tasche, die ich für den unwahrscheinlich interessanten Matheunterricht von Mrs Doyle brauchen würde.
Ungefähr fünf Minuten später kam meine Lieblingslehrerin auch schon in die Klasse gestürmt und gab sich nicht sonderlich viel Mühe, ihre Planlosigkeit zu verstecken. Ich versuchte ein Schmunzeln zu unterdrücken, aber diese Frau besaß weder Durchsetzungsvermögen noch Selbstsicherheit. Kein Wunder, dass fast niemand sie ernst nahm. "I-Ich wünsche Ihnen allen einen wundervollen guten Morgen.", nuschelte Mrs Doyle in ihren nicht vorhandenen Bart und versuchte hastig, ihre Unterlagen aus der Mappe zu befreien und begann dann auch schon damit, irgendwelche Formeln an die Tafel zu kritzeln. Ich lehnte mich zurück und machte mich auf eine wiedermal langweilige Stunde bereit, bis auf einmal die Türe geöffnet wurde und ein junger Mann auf einmal das Klassenzimmer betrat. Ich zog die Augenbrauen hoch und beäugte ihn kritisch. Und ehrlich gesagt, schlecht sah er nicht aus, aber ich konnte mich nicht daran erinnern ihn schon einmal hier gesehen zu haben.
"Achja, das ist Ihr neuer Mitschüler.", begann Mrs Doyle nervös und winkte den Kerl zu sich. Sie zog ein Blatt Papier hervor und rückte ihre Brille zurecht, bevor sie fortfuhr:" Also, das hier ist Jackson Blackwell." Mit einer ausladenden Geste zeigte sie auf ihn und ich verdrehte genervt die Augen. Dass er dann nun besagter Jackson Blackwell war, hätte man auch verstanden, ohne dass sie fast schon Leuchtketten um seinen Hals hing. Dann wandte sie sich zu ihm um. "Bitte, erzählen Sie doch etwas von sich. Sie können sich dann zu Ivory setzen.", freundlich lächelte sie ihn an und zeigte dann auf mich. Mir fiel fast die Kinnlade herunter. Wieso sollte er denn ausgerechnet zu mir? Aber ein Blick durch die Klasse verriet mir, dass nur neben mir ein Platz frei war. Wundervoll.

Ivory

Ich runzelte die Stirn. Wow. Er hatte ja wirklich nicht viel zu erzählen. Mein Beileid, dass er von Denver aus in diese, sagen wir mal bescheidene, Vorstadt ziehen musste. Ich beobachtete seine Bewegung, als er sich neben mich setzte und Mrs Doyle dann mit dem Unterricht fortfuhr. Unwillkürlich kräuselte sich meine Nase und ich verzog das Gesicht. Mein Gott, hatte er einen Hund zuhause oder warum roch er wie einer? Der Geruch war eigentlich nicht stark, aber er war trotzdem auffällig. Vor allem durch meine geschärften Sinne nahm ich es intensiver wahr als andere. Ich lehnte mich nach vorne und stütze meinen Kopf mit meiner Handflache ab, den Ellbogen auf den Tisch gestützt. Ich kaute auf meiner Unterlippe herum und blickte zur Seite, um Jax ansehen zu können. "Ich fall dir schon nicht gleich um den Hals Prinz Charming, du kannst dich ruhig wie ein normaler Mensch an den Tisch setzen.", kommentierte sich sein Wegrücken trocken. Ich redete eigentlich in normaler Lautstärke, aber das fiel sowieso nicht auf. Unsere Lehrerin war schließlich damit beschäftigt, den Rest der Klasse wieder unter Kontrolle zu bringen. Viele machten was sie wollten, warum auch nicht? Mrs Doyle war nunmal keine Autoritätsperson - oder wurde vielmehr nicht als solche behandelt.

der war gut :'D
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Ivory

"Nicht?", fragte ich gespielt überrascht und legte den Kopf schief, konnte mir ein amüsiertes Grinsen aber nicht verkneifen, "Ich hab eigentlich gedacht, du hörst sowas hundertmal am Tag." Nun, wenigstens entwickelte sich das Gespräch gerade in eine ziemlich interessante Richtung. Die meisten kamen mit einigen meiner Sprüche nicht klar, was ja auch der Grund war, warum ich nur mit meinen Leuten etwas unternahm und selten neue Kontakte knüpfte. Aber es schien, als wäre mein nasses Hündchen hier doch zu etwas gut, als nur dazusitzen.
Ich sah ihm zu, wie er wieder näherkam und leckte mir flüchtig über die Lippen, als er mich so herausfordernd ansah. Ich taxierte ihn mit meinen Blick und ließ ein Lächeln meine Lippen umspielen. "Viel besser.", schnurrte ich. Meine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus. "Und morgen bringe ich dir dann bei, nett und freundlich zu sein. Was hälst du davon, Ja?", fragte ich und strich eine blonde Haarstähne zurück hinters Ohr, ohne meinen Blick von ihm abzuwenden.

Ivory

"Wenn du Glück hast?", hakte ich gespielt entsetzt nach. "Das hat mich jetzt schwer getroffen, also ehrlich." Ohja, wir würden noch viel Spaß miteinander haben. "Das ist alles eine Sache von Erziehung, Süßer.", setzte ich dann hinzu und zog mit einem schiefen Grinsen leicht eine Augenbraue nach oben. Ich liebte es, so mit anderen Leuten zu reden. Sicher, meine Freunde waren nicht immer allzu begeistert davon, zumal ich damit schnell Streit anfing, aber das war ja mein Problem - nicht ihres. Und ich konnte ja auch anders, aber gerade hatte ich viel zu viel Freude daran, so mit ihm zu reden.
Skeptisch betrachtete ich ihn, wie er sich von mir abwandte und auf einmal einen so verwirrten Eindruck machte. Ein merkwürdiges, unangenehmes Gefühl breitete sich in meiner Magengrube aus. Ich konnte nicht genau erklären woran es lag. "Ist alles in Ordnung?", fragte ich leise und musterte ihn bedächtig. Flüchtig warf ich einen Blick auf die Uhr die mir verriet, dass wir noch nur fünf Minuten hier ausharren mussten.

Ivory

Na, das war aber mal eine Antwort. Ja. Schien, als wäre Jax die Lust vergangen mit mir zu reden. Stirnrunzelnd starrte ich auf seine Faust, wer weiß, vielleicht war er auch einfach ein Psychopath und deswegen so merkwürdig drauf. Seine komplette Haltung und Ausstrahlung hatten etwas zwanghaftes, gestresstes an sich und ich wusste beim besten Willen nicht, was der Auslöser dafür war. Es war schließlich nur sein erster Schultag und anfangs hatte er auch nicht den Eindruck gemacht, als würde ihn das alles hier großartig interessieren. Und so schlimm konnte ich in dieser kurzen Zeit doch gar nicht gewesen sein - oder? Ich lehnte mich mit einem Seufzer zurück und packte meine Sachen wieder ein, als die Stunde zuende war. "Ivory!", rief Ariana und riss die Türe auf, bevor auch nur einer unserer Schüler die Möglichkeit hatte selbst aus dem Klassenraum zu verduften.
Ich atmete tief durch und massierte mir kurz die Schläfe. Ich liebte Ariana als wäre sie meine Schwester, aber sie war immer gut gelaunt und hatte dieses süße, naive Grinsen im Gesicht. Wirklich immer. Das konnte zu einer wahren Geduldsprobe werden. Ganz anders als ihr Bruder Brett. Dieser war nämlich meistens ziemlich ruhig und fast schon pessimistisch, wenn er denn mal etwas sagte. Ich griff nach meiner Tasche und warf Jax noch einen kurzen Blick zu, bevor ich hinausstolzierte und mich zu den Geschwistern stellte. Wir redeten ein wenig und machten uns dann auf den Weg in die Cafeteria, zu Ellie, Michael und Mona.

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"Was war das eigentlich für ein Kerl?", fragte Ariana mich nebenbei, als sie genüsslich in ihren Apfel biss. Ellie begann plötzlich mich anzugrinsen und beugte sich über den Tisch zu mir herüber, damit sie wohl meine Antwort noch besser hören könnte. Ich verdrehte daraufhin nur genervt die Augen "Jetzt wird's interessant.", kommentierte Michael mit sarkastischem Unterton. Ich schluckte mein Essen herunter und wischte mir mit einer Serviette über den Mund. "Ganz ruhig. Das war Jackson Blackwell.. Oder so. Er ist neu auf der Schule.", berichtete ich. "Und, wie ist er so?", fragte mich Mona, woraufhin ich nur mit den Schultern zuckte. "Echt merkwürdig. Ich meine, er stinkt nach Hund, verhält sich als würde er verfolgt werden.. Irgendwie hab ich ein echt komisches Gefühl bei ihm." Darauf erwiderte niemand etwas. Irritiert blickte ich auf und sah in das ernste Gesicht von Brett. "Ivory, manchmal bist du total dämlich.", sagte er ruhig und ich starrte ihn gereizt an. "Na, was hat der feine Herr denn nun wieder zu bemängeln?", schnappte ich und lehnte mich ihm entgegen. Die anderen waren ziemlich still geworden und hielten sich wie immer aus solchen Streitigkeiten raus. "Vielleicht ist er wie wir.", Bretts Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Überrascht von seiner Vorstellung öffnete ich den Mund, um etwas zu erwidern, aber er schloss sich von selbst wieder. Ich sah vermutlich aus wie ein Fisch der verzweifelt versuchte zu atmen. "Nur weil er sich abwegig verhält, ist er nicht gleich ein Wandler. Das wäre doch noch offensichtlicher gewesen, wenn er wie wir wäre. I-Ich meine, er hätte doch auch gespürt was ich wäre. Und ich habe seine Präsenz so gut wie gar nicht wahrgenommen.", stammelte ich verunsichtert und starrte in die Ferne. Er hatte einen so verwirrten Eindruck gemacht.. "Naja, vielleicht hat er selbst keine Ahnung.", Ariana zuckte unschuldig mit den Schultern und sah ihren Bruder an. "Vielleicht hat er sich noch nie verwandelt und weiß gar nicht Bescheid." Ich schluckte verunsichert. Dem Geruch nach zu urteilen, war Jax wohlmöglich ein Wolf. Ich meine, er roch schon ziemlich nach Hund. Ich schüttelte meine Unsicherheit ab und begann wieder zu reden:" Das ist ja alles schön und gut, und wie sollen wir das herausfinden? Ich kann ihn ja schlecht einfach fragen!" Michael wandte sich daraufhin mir zu. "Provozier ihn. Lös irgendwas in ihm aus, sodass er sich im besten Fall nicht mehr kontrollieren kann. Aber sei bloß vorsichtig, wenn Brett Recht hat könnte das gefährlich werden.", schlug mir Michael vor. Ich nagte an meiner Unterlippe und begann über seine Worte nachzudenken. Im Grunde war das keine dumme Idee. "Ich hab als nächstes Sport, ich sollte nicht zu spät kommen.", damit stand ich auf und wandte mich nochmal meiner Truppe zu. "Ich werds versuchen.", murmelte ich leise an Michael gewandt, bevor ich mich auf den Weg zur Sporthalle machte.

Ivory

In der Umkleidekabine war ich unglaublich nervös. Abwesend kaute ich auf meiner schon fast blutigen Unterlippe herum, einfach weil ich nicht wusste, ob es eine gute Idee war Jax zu provozieren - zumindest vor allen Leuten. Aber ich hatte keinen Grund mich alleine mit ihm zu treffen, und wenn ich ihn fragen würde.. Naja, ich bezweifelte, dass er Lust auf ein Treffen mit mir hatte. Ich zog mir die weißen Shorts und das schwarze Top an, band mir die Schuhe zu und bändigte meine Haare, indem ich sie zu einem Zopf zusammenband.
In der Sporthalle angekommen hörte ich Mr. Craig zu. Er war klein und ca. 35 Jahre alt, aber ziemlich fit und insgesamt kamen fast alle Schüler gut mit ihm klar. "Erstmal wünsche ich Ihnen einen guten Tag. Wir werden sofort damit beginnen die Teams einzuteilen und dann mit Volleyball anfangen", erklärte er. Die Halle war groß genug für mehrere Felder, immerhin konnten immer nur sechs gegen sechs spielen. Mr. Craig suchte sich vier Leute aus, die schonmal das Netz aufhingen. Dann teilte er die Teams ein. Ich warf einen kurzen Blick nach hinten um zu sehen, ob Jax überhaupt da war. Als ich ihn erblickte, drehte ich mich umgehend wieder nach vorne und atmete tief durch. Das konnte ja nur besser werden. "... Und nun die letzten zwei Teams. Ivory, Shawn, Melissa, Isabelle, Tom und Ana", verkündete Mr Craig, "und Ron, Skylar, Amanda, Dylan, Lindsay und Jackson." Gut. Immerhin war Jax jetzt mein Gegner, weshalb es wohl einfacher für mich sein würde, ihn zu reizen. Ich hoffte nur, dass alles gut gehen würde und ich mich nicht zum Deppen machte.

Ivory

Fast schon gereizt beobachtete ich Amandas Versuch, gut bei Jax anzukommen. Da musste man ja schon aufpassen, dass sie ihm nicht sofort in die Arme sprang. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf und wandte mich meinem Team zu. Immerhin war es nicht meine Aufgabe Amanda zu beobachten, sondern Jax irgendwie auf die Palme zu bringen.
Mir war Jax' Reaktion nicht entgangen, als auf einmal die Pfeife ertönte. Ich presste meine Kiefer zusammen, damit ich nicht genauso reagierte wie er. So langsam glaubte ich, dass Brett mit seiner Vermutung gar nicht mal so falsch lag. Allerdings bezweifelte ich, dass die Gruppe mir erlauben würde Jax zu helfen. Er gehörte nicht zu unserer Art und war mehr oder weniger unser Freund. Aber ein Gestaltwandler der sich nicht im Griff hatte war gefährlicher als alles andere, und alleine zu unserem Schutz sollte ihm irgendjemand beibringen sich selbst zu beherrschen. Ich schüttelte diese Gedanken vorerst ab. Ziel war es jetzt, ihn aus der Reserve zu locken.
Tom traf den Ball so, dass er nur hochflog, nicht über das Netz hinweg. Ich ergriff die Chance und sprang nach vorne, um den Ball mit flacher Hand über das Netz und bestmöglich noch in Jax' Gesicht zu ballern. Ok, ich gab zu, das machte mir schon ein wenig Spaß.