Myra
Ich zog ein wenig die Brauen hoch. Also doch Angeber? Gut, ich bevorzugte Lamborghinis, aber ein Audi R8 war schon nicht schlecht. Vielleicht würde er mir ja seine Schlüssel überlassen, dann könnte ich mal ein wenig durch Amerika fahren. Ich schlug mir den Gedanken allerdings wieder aus dem Kopf, da es dann wohl doch zu auffällig war, mit solch einem Wagen durch die Gegend zu fahren, wenn er als gestohlen gemeldet war und freiwillig würde mir Collin seinen Wagen wohl nicht schenken. "Wie du willst", meinte ich lächelnd. Ich ging auch gerne zu Fuß, aber Leute wie er, die Leute mit viel Geld, zeigten gerne, was sie hatten, also sollte er mit seinem Auto fahren, wenn er das wollte. Ich hängte immernoch meinen Träumen von der Aussicht hinterher. Irgendwie würde ich Collin schon abschütteln, er hatte nicht dieselbe Ausbildung wie ich. An mir konnte er sich nur die Finger verbrennen. Es klang sadistisch, aber irgendwie gefiel mir der Gedanke. Er würde wohl das erste Mal einen Korb bekommen und ich hatte Dana eins ausgewischt. Ich weiß nicht, sie kam mir unsympathisch vor, weshalb ich fand, dass sie es verdient hatte. Auf alle Fälle war ich mir sicher, dass Collin alles vögeln würde, was bei drei nicht auf dem Baum war und ich wollte sicher nicht eine von vielen sein.

Myra
Ich spürte seine Hand auf meinem Rücken, widersprach aber auch nicht. Es war etwas anderes, als wenn er seine Hand auf den Oberschenkel legte. Es war zwar ein bisschen übertrieben, ich meine, wenn ich nicht alleine gehen konnte, hätte er mich auch zum Wagen tragen können. Aber ich behielt meine Gedanken für mich, wie sollte es auch anders sein. Jedenfalls war es eine andere Geste als die Hand aufs Bein zu legen, vermutlich sollte sie mir auch etwas anderes vermitteln.
Er öffnete mir die Autotüt, aber anders hatte ich es auch nicht erwartet. Da schien das Benehmen eines Mannes aus der Elite durchzuschimmern, was mich generell eigentlich nicht störte. Es war einfach nur so, als könnte ich das nicht selber, andererseits gefiel es mir, wenn er alles für mich tat. "Wenn Traditionen nicht gelebt werden, vergisst man sie", erwiderte ich bloß und stieg dann in den Wagen ein. Jetzt würde es interessant werden. Entweder gab es jetzt eine peinliche Stille oder er würde anfangen mich anzubaggern. Oder Fragen stellen. Egal, was es war, ich war mehr oder weniger auf alles vorbereitet. Ich hatte schon alles erlebt, zwar waren die Reichen meistens älterer Generation, aber gut.

Myra
Geschwindigkeit war also voll sein Ding. Ich musste zugeben, dass ich noch nie in meinem Leben so schnell mit dem Auto unterwegs war und es war eine interessante Erfahrung, aber jeden Abend brauchte ich das nun auch wieder nicht. Wir fuhren schneller, als es überhaupt erlaubt war und ich mochte es eigentlich, Regeln zu brechen, aber ich vertraute Collin sicher nicht mein Leben an. Wenn er hier und jetzt eine falsche Bewegung tat, hatte ich noch nicht einmal eine Krankenversicherung. Dann saß ich schön in der Scheiße, durfte den Mist ausbaden und vermutlich würde die Polizei eine Aussage von mir verlangen und nach meinen Personalien fragen. Ich war vermutlich irgendwo gesucht. Meistens hatte ich Erfolg mit meinen Diebstählen, aber ch war nicht perfekt und so einmal im Jahr erstattete jemand Anzeige gegen mich. Naja, keiner kannte meinen richtigen Namen, aber ich vermutete, dass es inzwischen einige Phantombilder als Fahndungsfoto von mir gab. "Auf alle Fälle", für den Moment stimmte das ja auch, aber genießen konnte ich die Fahrt nicht, da ständig irgendwelche Bedenken in meinem Kopf herumkreisen.

Myra
Irgendwann fuhr er wieder langsamer, was meine Muskeln merklich entspannte. Mir war überhaupt nicht aufgefallen, dass mich die Situation so viel Anspannung gekostet hatte. Naja, jetzt fuhren wir angemessen, so schnell wie die anderen Autos, was mir dann doch lieber war. Man konnte ja nicht einfach wie so ein Irrer durch die Straßen pesen, ohne Rücksicht auf andere zu nehmen. Und bei einer hohen Geschwindigkeit in New York zu fahren, bedeutete quasi automatisch ein Unfall.
Wie ich vermutet hatte, jetzt ging es mit den Fragen los. Da mochte ich die Leute fast lieber, die ständig von ihren Erfolgen erzählten und wie toll sie doch waren. Ich lachte trotzdem leise. "Das hatte nichts mit meinen Eltern zu tun. Mein Vater hatte schon immer in New York gearbeitet, meine Mutter in Spanien. China waren zwei Auslandsjahre, die ich alleine dort verbracht habe", ich beschränkte mich auf die wichtigsten Fakten, die Details ließ ich immernoch verborgen. Ein Mensch sollte nie alles über dich wissen, wenn du interessant bleiben wolltest. Und ich wollte anders sein als die Frauen, die sich freizügig präsentierten und mit offenen Karten spielten. Beim Poker konnte man schließlich auch nur dann gewinnen, wenn man gut bluffen konnte, etwas geheimhalten. Außerdem wurden diese Frauen nach einer Nacht fallen gelassen, in der nächsten hatten sie einen neuen. Sie schliefen sich förmlich durch die Stadt. Man traf wenige Frauen in einer Bar, die diese ohne einen Typen an ihrer Seite verließen. Ich wollte nicht sagen, dass das bei mir anders war, aber zumindest machte ich nicht für jeden meine Beine breit. Heutzutage waren doch alle nur noch versessen auf das Eine und es sollte schnell und kurz sein, ohne Liebe, am nächsten Tag vorbei.

Myra
"Ich war in keiner Großstadt", antwortete ich bloß. Ich hatte mich eigentlich nur an einem Ort aufgehalten, aber dafür von dort etwas fürs Leben mitgenommen, aber da genau das ihn nichts anging, machte ich mir auch nicht die Mühe, eine ausführlichere Antwort zu liefern. Er bekam die Informationen, die ich für ihn aussuchte, im Gegensatz konnte ich im Internet alles über ihn herausfinden, ohne mit ihm zu reden. Vielleicht war es nicht ganz wahrheitsgemäß, aber was soll's. Ich wollte ja nicht den Rest meines Lebens mit ihm verbringen. Er kannte ja nicht einmal meinen Nachnamen und mit meinem Decknamen konnte er nichts anfangen. Mit meinem Nachnamen... vermutlich kämen auf Google schon einige Artikel über meinen Vater, auch über mich, aber ich hatte schon lange dafür gesorgt, dass ich aus der Presse rausgehalten wurde, damit ich mein Leben in Ruhe genießen konnte, mit allem, was es zu bieten hatte.
Es war das erste Mal, dass er tatsächlich aussprach, dass er nur mit mir ins Bett wollte. Allerdings ging ich nicht darauf ein, er würde schon früh genug mitbekommen, dass ich von ihm nichts auf sexueller Basis wollte. Wenn ich das irgendjemandem erzählt hätte, wäre er vermutlich ausgerastet. Ich hatte die Gelegenheit, die jeder haben wollte und nutzte sie keineswegs. Ich lächelte ihn nur an und drehte seinen Kopf dann wieder zur Straße. "Immer schön auf den Verkehr achten", meinte ich.

Myra
Als ob ich das Prinzesschen war. Ich war hier wohl eher die Diebin, aber auch das ließ ich ihn nicht wissen. Für mich war es eher wie ein Spiel, das ganze Leben. Ich hatte nichts zu verlieren, konnte mir alles leisten und jeden Menschen in meiner Umgebung manipulieren, wie ich ihn eben gerne hätte. Das fing mir an Spaß zu machen, auch wenn es nicht jetzt nicht so toll klang, aber es war eben wie ein Spiel und ich hatte noch keines meiner Leben verspielt, bis zum "Game Over" war es noch ein langer Weg. Er ergriff meine Hand, was ich merkwürdig fand, aber ich verschränkte bloß meine Finger mit seinen. Mir kam er nicht vor wie der Typ, der gerne Händchen hielt, aber gut, wenn er es so haben wollte. Ich überlegte, welche Karte ich ausspielen sollte, um ihm eine Begründung zu liefern, warum ich garantiert nicht mit ihm schlief. Bei den meisten alten Perverslingen brauchte ich nur zu erwähnen, dass ich minderjährig war und ihn wegen sexueller Belästigung oder gar Vergewaltigung anzeigen konnte, sollte es soweit kommen. Ich meine, man sah mich immer mit den Leuten in der Bar und ich achtete immer auf ein nettes Gespräch, aber eine Hand auf meinem Oberschenkel konnte ich dabei nicht dulden.
Endlich waren wir da und ich wurde immer nervöser. Der Ausblick - ein Traum würde wahr. Andere hätten jetzt garantiert an den Sex gedacht, vor allem nach der Händchenhalten-Aktion, aber ich war nicht im Geringsten daran interessiert. Bevor ich selbst die Autotür öffnen konnte, tat Collin es bereits und ich stieg aus dem Lächeln aus, nur um mich dann von ihm in die Präsidenten-Suite führen zu lassen.

Myra
Das Hotel war noch prunkvoller verziert, als ich es erwartet hatte und das sollte schon etwas heißen. Wenn mir so ein Hotel gehören würde, ich wäre mein Leben lang versorgt. Nie wieder andere Leute beklauen, nie wieder in dieser alten Ruine schlafen. Was wäre das bloß für ein Traum. Jede Nacht in einer Präsidenten-Suite. Die Frau an der Rezeption sah mich schon so wissend an, aber ich lächelte bloß. Nicht einmal sie konnte ahnen, dass ich nichts mit Collin anfangen würde. Alleine der Aufzug könnte mir Millionen einbringen, schade, dass man so etwas schlecht mitgehen lassen konnte. Mein Puls stieg stetig mit jedem Stockwerk, das wir weiter hinauf fuhren. Bis wir ganz oben waren und den endlos scheinenden Gang entlang gingen. Ich achtete darauf, auf einer Linie zu gehen, da das bei hohen Schuhen einfach anmutiger aussah, eleganter wirkte. Ich war nicht irgendeine auswechselbare Nutte vom Strich, dafür war ich mir zu schade. Das wäre ein Akt der Verzweiflung, aber ich konnte mir vorstellen, dass manche sogar besser verdienten als ich. Naja, von verdienen konnte bei mir ja auch nicht die Rede sein. Ich trat zuerst über die Türschwelle und steuerte direkt das große Fenster an. Eigentlich war quasi überall nur Glas, man hatte fast einen Rundumblick. Collin hatte nicht zu viel versprochen und hier zu stehen und über New York zu schauen, das verlieh einem doch ein wenig das Gefühl von Macht.